Vor fünf Jahren wurde aus einer traditionsreichen Gaststätte die Pizzeria „Il Borgo“. Kurz nach Eröffnung drohte die Corona-Pandemie den Traum zu zerstören. Doch Gäste und Freunde halten den Italienern bis heute die Treue.
Eine Gastronomiegeschichte wie aus dem Bilderbuch: Ende 2018 entschließt sich Bärbel Menz mit damals 78 Jahren ihre traditionsreiche Gaststätte „Zur Linde“ in der Hallenburgstraße aus Altersgründen zu schließen. Für den Familienbetrieb in vierter Generation gibt es keinen Nachfolger und doch geht es mit der Gaststätte weiter.
Das junge italienische Paar Ileana Chindris und Yuri Abadli gibt sein Restaurant „La Malvasia“ in Gotha ab und lässt sich von Freunden ins Haseltal locken. Die Italiener renovieren, gestalten um und bauen sich eine Wohnung ins Obergeschoss. Längst fühlen sie sich als Steinbach-Hallenberger, sagen sie.
„Bärbel kommt jede Woche zu uns.“
„Wir haben jetzt zwei Familien“, sagt Yuri Abadli. Die italienische in der kleinen Gemeinde St. Maria Nuova (Provinz Ancona) – etwa in Wadenhöhe des italienischen Stiefels. Und die deutsche hier in Steinbach-Hallenberg. Es sind Freunde ihrer italienischen Gaststätte, die jetzt „Il Borgo“ heißt, die ihnen auch in schwierigen Zeiten die Treue halten. Und was Abadli besonders freut: „Bärbel kommt jede Woche zu uns, mal mit Freundinnen, mal alleine. Das ist sehr schön und Bärbel freut sich, dass es hier weiter geht“, sagt Yuri.
Freunde, darunter Stammkunden aus der Gothaer Zeit seien es damals gewesen, die ihnen die „Linde“ schmackhaft gemacht hätten. Verschiedene Namen fallen, darunter immer wieder der des damaligen Bürgermeisters Christian Endter, der dem Paar den Weg bereitet und unterstützt habe, wo er konnte, sagt Abadli und zeigt ein gemeinsames Polaroid. Zu den Förderern zählt auch der städtische Gewerbeverein, der sich die Unterstützung von Einzelhandel und Gastronomie auf die Fahne geschrieben habe. Und plötzlich liegt italienisches Flair in der Haseltal-Luft und die Kundschaft lässt nicht lange auf sich warten. Die Chemie scheint zu stimmen und die neuen Hausherren finden immer mehr Freunde. Und die soll es bald auch brauchen.
Lockdown-Schock kurz nach dem Start
Nur ein halbes Jahr nach Eröffnung werden die Italiener 2019 vom ersten Corona-Lockdown überrascht, dann folgt der zweite. „Wir haben durchgehalten, mit Lieferung, Abholung, alles mögliche... “, sagt Abadli, gesteht aber auch: „Das war nicht einfach“.
Doch die Gäste halten dem kleinen Restaurant die Treue. Rund um die Bar sind heute Fotos, Zeichnungen, Collagen und kleine Andenken zu sehen, die sie hier gelassen haben. Auch über die goldene Plakette des italienischen Unternehmens „Eccellenze Italiane“, die auf einem kleinen Tisch steht, freut sich das Paar. Mitarbeiter seien weltweit unterwegs und zertifizieren die Qualität italienischer Gastronomen. Die Prüfer bescheinigen den Steinbach-Hallenbergern original italienische Speisen und Herstellungsverfahren. Im Betrieb hilft längst die ganze Familie mit, ob Tochter, Neffe oder Bruder. Die Mühe hat sich gelohnt. Das Restaurant seit stets gut besucht. Am Wochenende bekomme man ohne Reservierung keinen Tisch, sagen die beiden. Erst vor wenigen Wochen haben sie den historischen Gewölbekeller nach einer Instandsetzung mit einer Hochzeit wieder in Betrieb genommen.
Erste Hochzeit im Gewölbekeller gefeiert
Nicole und Nico Messerschmidt gaben sich hier im Juni als Erste das Ja-Wort. Auch sie seien gute Freunde. Feste und Feiern seien fortan auch im Gewölbekeller möglich. Laut Bärbel Menz ist das Gemäuer schon 200 Jahre alt.
„Il Borgo“ heiße das Restaurant übrigens, weil es direkt unter der mittelalterlichen Ruine der Hallenburg steht. Obwohl Borgo in Wahrheit gar nicht Burg, sondern Dorf heiße, verrät Abadli schmunzelnd. Aber im Deutschen klinge es eben so. Ein Wortspiel, das für die Steinbacher längst zum Markenzeichen des Restaurants geworden sei.
Nur einen großen Wunsch haben Ileana und Yuri noch. Das alte Haus neben ihnen müsste endlich verschwinden. Ein Parkplatz für das Restaurant soll dort entstehen, aber noch wichtiger sei der optische Eindruck, den das Abrisshaus neben der herausgeputzten Pizzeria vermittelt. Manchmal fragen die Gäste danach, sagt Abadli.
Im Rathaus ist das Problem bekannt, der Abriss ist bereits geplant und soll in naher Zukunft passieren, kündigte Bürgermeister Markus Böttcher in der Haushaltsplanung an. Auch er gehört übrigens zur Kundschaft: Ein Wandbild im Gewölbekeller zeigt ihn mit den neuen Besitzern und dem Burgvogt, Stephan Herwig, der hier ebenfalls ein- und ausgeht. Das Restaurant öffnet wieder ab 21. Juli, denn derzeit sind die Eigentümer Ileana und Yuri mit Familie im Urlaub. Nicht zu Hause in Italien, wohin sie mit ihrer Familie mehrmals im Jahr fahren, sondern ausnahmsweise mal in Spanien.
Restaurant „Il Borgo“ Steinbach-Hallenberg, geöffnet: Dienstag bis Samstag, 17 bis 22.30 Uhr, Sonntag, 11.30 bis 14.30 Uhr und 17 bis 22.30 Uhr; während der Sommersaison außerdem Eiscafé auf der Terrasse, Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr. www.ilborgo-restaurant.de